Inspiration – lateinisch inspiratio – „Beseelung“, „Einhauchen“
Spätestens im Oktober ist in unseren Breitengraden der Herbst so richtig angekommen, und mit ihm geht einher, dass die Tage kürzer werden und die Natur um uns herum etwas Ruhe gibt. Wenn wir uns darauf einlassen, kann diese Stille nicht nur in unserer Umgebung, sondern auch in uns selbst Platz finden. Genau diese Ruhe ist der Nährboden für Inspiration – ein Moment, in dem etwas in uns erwacht und uns zu neuen Ideen und Möglichkeiten führt.
In diesem Beitrag geht es darum, sich mit dem ThemaInspiration zu beschäftigen und herauszufinden, wie sich diese Ressource aktivieren lässt. Vielleicht passiert beim Lesen ein Sich-Öffnen gegenüber Inspiration, sodass sich impulsgebende Momente im Leben besser wahrnehmen und nutzen lassen.
So war es in einem Entwicklungsworkshop: In einer abschließenden Runde, nach zwei Tagen des gemeinsamen Arbeitens, hieß es beiden Teammitgliedern vermehrt: „inspirierend!“. Was war der Grund dafür, dass es zur gegenseitigen Inspiration gekommen war?
Inspiratio (lateinisch) lässt sich vielleicht so übersetzen, dass mein Wesen oder mein Sein berührt wurde.
Es ist mir etwas begegnet, das mich begeistert, mit Freude erfüllt, überrascht oder bereichert. So sehr, dass ich dem nachgehen möchte.
Es motiviert – das heißt, es bewegt –mich derart, dass ich spüre: Wenn ich dem Gedanken folge, wird es mich wieder und weiter erfüllen.
Eine technische Lösung, an der ich als Ingenieur schon lange gearbeitet habe, findet endlich ihren Durchbruch. Ein Weg zu einem besseren Miteinander wird sichtbar. Eine kreative Idee entfaltet sich. Ein neues Geschäftsfeld eröffnet sich und bietet neue Möglichkeiten.
Wenn wir inspiriert sind, lassen sich oft keine logisch nachvollziehbaren Schlüsse ziehen, wie es zum Geistesblitz gekommen ist.
In dem oben genannten Beispiel war die Methode ausschlaggebend für eine inspirierte Runde. Eine Person teilte ihr Thema mit anderen und bat um deren Sichtweisen.
Diese in den Kreis einbezogenen Menschen verfügten teilweise nicht über die notwendigen Fachkenntnisse und konnten nur mit neugierigen Fragen oder Hypothesen glänzen. Das allein führte dazu, dass die betreffende Person, angereichert mit neuen (berührenden) Ideen, aus dem Kreis wieder heraustrat.
Die Themengeberin brachte mit, dass sie den Menschen, mit denen sie ihr Anliegen geteilt hatte, auf kreative Weise zugehört hat, aber auch genau hingehört hat, um die Fakten zu verstehen. Dabei blieb sie offen für Neues und ließ sich auf das Unerwartete ein.
Es war ein bewertungsfreier Raum, in dem es keine richtigen oder falschen Fragen gab. Die Themengeberin distanzierte sich von ihrem Thema – sie war nicht das Thema, sondern sie hatte ein Thema.
In diesem Fall nutzt der eine die andere, um seine eigene Inspirationskraft zeitgleich zu beleben. In anderen Fällen passiert dies zeitversetzt. Wer kennt es nicht, dass einem in der Dusche, am Fluss oder auf der Rolltreppe plötzlich Dinge einfallen, an die vorher kein Herankommen war? Das sind vielleicht Momente, in denen die logische Verknüpfung im Denken inaktiv ist und mir das zufallen kann, was gerade da ist.
Ein anderes Beispiel – dieses Mal aus einem Seminarkontext – verdeutlicht, wie Unausgewogenheit aussehen kann:
Nach einem sechsteiligen Seminar sagte ein Teilnehmer:
„Ich bin reif für die Therapie!“ Was war geschehen?
Viel Inspiration hatte viele Türen geöffnet, doch der Teilnehmer waren sich auftuenden Wegen nicht gefolgt. Es waren zu viele.
Wie gehen wir mit solchen Situationen um? Es ist wichtig, dass Input und Output im Gleichgewicht bleiben. Inspiration muss Hand in Hand gehen mit der Integration des Neuen, sonst drohen wir uns irgendwann unfähig zu fühlen.
Deshalb sollten wir immer darauf achten, dass nächste Schritte genauso wichtig sind wie neue Perspektiven. Nur so gelingt es uns, aus Inspiration Wachstum zu schaffen und unsere Entwicklung auf ein solides Fundament zu stellen.
Zusammenfassend einige Punkte, um die eigene Inspiration zu pflegen:
- Selbstwahrnehmung: Mich selbst in meinem Sein spüren und bewusst erkennen, welche neuen Eindrücke mir Freude bereiten und mich dazu motivieren, ihnen weiter zu folgen.
- Langeweile und Unterforderung ernst nehmen: Die Anzeichen von Langeweile oder Unterforderung bewusst wahrnehmen, um kreativ gegenzusteuern.
- Schöpferisches und reflektierendes Zuhören: Mit der Erkenntnis, dass ich ein Bewusstsein habe, das Dinge einordnet, bewertet und differenziert, höre ich sowohl kreativ als auch analytisch zu. Dadurch erkenne ich den Unterschied zwischen dem, was ich glaube zu wissen, und dem, was ich tatsächlich nicht weiß.
- Klarheit über Sein und Denken: Mir bewusst machen, was ich bin und was ich denke, dabei erkennen, dass diese zwei Aspekte sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten haben können. Offen dafür sein, nicht alles zu glauben, was ich denke, und Raum für Inspiration zu schaffen.
- Widersprüchen mit Neugier begegnen: Anstatt Argwohn zu empfinden, begegne ich Widersprüchen neugierig und offen. Wenn dennoch Zweifel auftauchen, prüfe ich, ob diese berechtigt sind oder nicht.
- Meiner inneren Weisheit Raum geben: Meine eigene Weisheit anerkennen, ihr Raum geben und sie mit Zuversicht und Vertrauen bejahen.
- Inspiration in die Tat umsetzen: Darauf achten, dass Inspiration nicht nur eine Idee bleibt, sondern sich in konkrete Handlungen verwandelt, die im Alltag auch wirklich Wirkung zeigen.
- Routinen durchbrechen: Vermeiden, ständig das Gleiche zu tun, um neue Impulse zuzulassen und frische Perspektiven zu gewinnen.
- Gefühle der Unfähigkeit zulassen: Den Mut haben, das Gefühl der eigenen Unfähigkeit anzunehmen, um daraus neues Lernen und Wachstum zu ermöglichen.
- Komfortzone wertschätzen, aber auch darüber hinausgehen: Meine Komfortzone zu schätzen wissen, mich aber achtsam in die Wachstumszone bewegen und auch die Panikzone als möglichen Entwicklungsschritt zulassen.
- Unterstützung suchen: Coaches, Austauschpartner*innen oder Selbstreflexion nutzen, um Inspiration gezielt in die Praxis umzusetzen und dabei konkrete Ergebnisse zu erzielen.
In einer Welt, die oft den Fokus auf das Aneignen von Wissen und das Üben von Fertigkeiten legt, geht es hier darum, Inspiration als einen wesentlichen Teil deiner kreativen Entwicklung anzuerkennen. Ein bisschen John Cranko steckt vielleicht in jedem von uns.
Lass uns erforschen, wie du in dieser stillen Jahreszeit den Raum für deine eigenen inspirierenden Momente schaffen kannst und was es braucht, um diese Kraft als kreative Quelle zu nutzen.